Nutztierhaltung
Sven und Jutta H. Vegans For Future Karlsruhe, 16.06.2023, zuletzt geändert: 31.05.2024
In diesem Text geht es darum, den wenig bekannten Zusammenhang zwischen der Nutztierhaltung und der Klimakatastrophe zu erklären.
Die Nahrungsmittelproduktion ist ein schwerwiegendes Klimaproblem
Wenn die Erderhitzung über 1,5 °C hinaus geht, dann hat das katastrophale Auswirkungen. [56]
Um das zu verhindern muss die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre begrenzt werden. Dazu werden sogennante CO2 Emissionsbudgets errechnet, so ist das 1,5-Grad-Budget die Menge an CO2-äquivalenten Treibhausgasen, die wir noch ausstoßen dürfen, damit die Erderhitzung bei 1,5 °C bleibt. Im Jahre 2020 betrug dieses Budget noch circa 500 Gt. [1]
Allein durch die Nahrungsmittelproduktion entstehen global etwa 1356 Gt CO2e-Emissionen bis 2100. Wir überschreiten damit das CO2-Budget für die 1,5-Grad-Grenze etwa drei mal und verbrauchen so gut wie das gesamte CO2-Budget für die 2,0-Grad-Grenze. [1]
Dies wird auch in der folgenden Grafik verdeutlicht:
Durch eine pflanzliche Ernährungsweise, würde das CO2-Budget genug geschont, um die 1,5-Grad-Grenze einhalten zu können. Auf jeden Fall ist eine starke Änderung unserer Ernährung eine zwingende Voraussetzung für das Einhalten der Pariser Klimaziele. [1]
Vor allem tierische Nahrungsmittel sind besonders klimaschädlich, und grob vereinfacht gilt: je weniger tierische Produkte eine Ernährungsweise beinhaltet, desto klimafreundlicher ist sie.
Die Nutztierhaltung ist die Ursache des Problems
Die Nutzung von Tieren als Nahrungsmittel ist doppelt schlecht fürs Klima: einerseits erzeugen die Tiere jede Menge Treibhausgase wie Methan, Lachgas und CO2, und andererseits benötigt man für die gleichen Nährstoffe sehr viel mehr Flächen, also Weiden und Äcker, als bei einer pflanzlichen Ernährung.
Das bedeutet, dass viele landwirtschaftlich genutzte Flächen nicht mehr benötigt würden und renaturiert werden könnten, wenn die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln runter ginge. Durch die Renaturierung würde CO2 aus der Atmosphäre gebunden. Das sind die sogenannten Opportunitätskosten der Nutztierhaltung, und die machen den größten Anteil an der Klimaschädlichkeit der Nutztierhaltung aus.
Der überwältigende Landverbrauch der Nutztierhaltung
Das folgende Diagramm zeigt, wie groß das Problem wirklich ist.
Hier sieht man, dass 46 % des fruchtbaren Bodens der Erde landwirtschaftlich genutzt werden. Das ist deutlich mehr Fläche, als alle Wälder der Erde zusammengenommen belegen, und über 50 mal mehr, als alle menschengemachten Gebäude und Infrastruktur belegen (abgesehen von landwirtschaftlicher Infrastruktur).
Das Diagramm zeigt, dass 80 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen für die Nutztierhaltung verwendet werden. Außerdem zeigt es, dass tierische Nahrungsmittel nur 18 % unserer Kalorien bei 39 % unserer Proteine liefern! [8]
Die übrigen 20 % der Flächen sind Äcker, auf denen die Nahrung für den menschlichen Konsum produziert wird. Diese 20% liefern allerdings 82 % unserer Kalorien und 61 % unserer Proteine.
Die Nutztierhaltung beansprucht also 1/3 der Landfläche der Erde.
Ein Verzicht auf Nutztierhaltung senkt den Bedarf an Weide- und Ackerflächen um 75%
Allein durch den Verzicht auf Produkte aus Rindern und Schafen, also sowohl das Fleisch als auch die Milch, spart die Hälfte des globalen Flächenbedarfs der Landwirtschaft! Mit einer rein pflanzlichen Ernährung halbiert sich der Flächenbedarf nochmal.
Insgesamt würden durch eine pflanzliche Ernährung 75% der landwirtschaftlich genutzten Flächen frei [9]. Diese Flächen können wieder renaturiert werden und dabei werden riesige Mengen an CO2 aus der Atmosphäre in den Pflanzen, vor allem in Bäumen, gebunden. [13]
Hier ein Vergleich des Landverbrauchs unterschiedlicher Ernährungsweisen.
Warum verbraucht die Nutztierhaltung soviel mehr Land?
Die Nutztierhaltung ist eine sehr ineffiziente Form der Nahrungsproduktion, es wird sehr viel mher pflanzliche Nahrung verwendet als bei direktem, menschlichen Konsum, weil die Umwandlung von pflanzlicher Nahrung in tierische Produkte erhebliche Verluste an Energie und Nährstoffen verursacht. Der größte Teil der Energie, die Tiere durch die Aufnahme von pflanzlichen Futtermitteln erhalten, wird für deren Stoffwechselprozesse, wie Körpererhaltung, Bewegung und Wärmeerhaltung verbraucht. Dadurch bleibt nur ein kleiner Bruchteil der ursprünglich aufgenommenen Energie in Form von Fleisch, Milch oder Eiern für den menschlichen Verzehr übrig.[26]
Die Nutztierhaltung verbraucht für die Erzeugung derselben Menge an Energie und Proteinen deutlich mehr Fläche, als der Anbau von Nahrung für den direkten menschlichen Konsum [12]:
Die Proteinproduktion aus Rindern oder Schafen benötigt beispielsweise etwa 100-mal mehr Fläche als die aus Tofu oder Erbsen.
Für die Produktion von 1 kg Rindfleisch werden etwa 25 kg Getreide verfüttert, wie aus der folgenden Grafik ersichtlich ist. [23]
Es mag eingewendet werden, dass Rinder auch Nahrung verwerten können, die Menschen nicht nutzen können, aber das ist aus Klimaschutzsicht irrelevant: Zusätzlich erzeugte Nahrung hat Klima- und Umweltauswirkungen, unabhängig davon, ob Menschen diese Nahrung verwerten könnten.
Aber auch die Abfälle, die beim Anbau von Lebensmitteln wie Getreide entstehen und von Wiederkäuern verwertet werden können, tragen nur unzureichend zur Ernährung von Wiederkäuern bei.
Der größte Landverbrauch entsteht übrigens durch Weideflächen, auf denen Rinder grasen. [3] Auch der größte Teil des tropischen Regenwalds wird für Weideflächen für die Rindfleischproduktion abgeholzt. [11]
Die überwältigenden Opportunitätskosten der Nutztierhaltung
Die Verwendung tierischer statt pflanzlicher Lebensmittel hat also Opportunitätskosten [13]: Nämlich die Menge an CO2, die von Wäldern und Wildnis aus der Atmosphäre gebunden werden könnte, wenn die gleiche Menge an Nährstoffen aus pflanzlichen Lebensmitteln gewonnen würde. Der Grund dafür ist die oben beschriebene Ineffizienz bei der Produktion von tierischen Lebensmitteln, die mehr Fläche für die gleiche Menge an Nährstoffen benötigen.
Durch eine Renaturierung könnten folgende Mengen an Treibhausgasen aus der Atmosphäre gebunden werden:
Die globalen CO2-Emissionen betragen 52,3 Gt/Jahr, auf die Ernährung entfallen davon 13,6 Gt/Jahr, das sind 26% [2]. Durch eine rein pflanzliche Ernährung könnten mindestens 14,7 Gt/Jahr eingespart werden, das würde die Emissionen der Lebensmittelproduktion mehr als ausgleichen. [1]
In der folgenden Grafik werden die jährlichen Auswirkungen verschiedener Ernährungsweisen auf das Klima verglichen.
Eine rasche Ernährungswende ist das Gebot der Stunde
In dem Artikel “Rapid global phaseout of animal agriculture has the potential to stabilize greenhouse gas levels for 30 years and offset 68 percent of CO2 emissions this century” kommen Michael B. Eisen und Patrick O. Brown sogar auf ein Einsparpotential von insgesamt 25 Gt CO2-Emissionen pro Jahr: [18]
[…]a phaseout of livestock production would, through the end of the century, have the same cumulative effect on the warming potential of the atmosphere as a 25 gigaton per year reduction in anthropogenic CO2 emissions, providing half of the net emission reductions necessary to limit warming to 2°C.
The magnitude and rapidity of these potential effects should place the reduction or elimination of animal agriculture at the forefront of strategies for averting disastrous climate change.
Dieser Artikel zeigt auch, dass eine weltweite Umstellung auf ein pflanzliches Ernährungssystem in den nächsten 15 Jahren (ab 2022) die Emissionen aller anderen Wirtschaftssektoren für die nächsten 30 bis 50 Jahre kompensieren würde.
Joseph Poore, einer der Autoren der größten Metastudie aus dem Jahr 2018 zu diesem Thema [4], sagte in einem Interview über die Resultate der Studie, dass eine pflanzliche Ernährung die wichtigste individuelle Maßnahme zum Klima- und Artenschutz sei [5]:
A vegan diet is probably the single biggest way to reduce your impact on planet Earth, not just greenhouse gases, but global acidification, eutrophication, land use and water use.
It is far bigger than cutting down on your flights or buying an electric car.
Avoiding consumption of animal products delivers far better environmental benefits than trying to purchase sustainable meat and dairy.
Zumindest die Menschen in den 54 reichsten Industrienationen müssen schnellstens den Schwenk zu einer pflanzlichen Proteinversorgung schaffen [17].
Fazit: Die pflanzliche Ernährung hat eine überragende Bedeutung für den Klima- und Umweltschutz
Wenn einem der Klimaschutz wichtig ist, sollte man sich dafür einsetzen, die Nutztierhaltung zu beenden. Ein wichtiger Grundpfeiler für ein Ende der Nutztierhaltung ist die individuelle Entscheidung vieler Menschen, in ihrem persönlichen Umfeld über die Zusammenhänge aufzuklären und selbst als gutes Beispiel voranzugehen, indem sie keine tierischen Produkte mehr nachfragen.
Eine pflanzliche Ernährung ist die Voraussetzung für wirksamen Klimaschutz. Das Ende oder zumindest eine sehr drastische Reduzierung der Nutztierhaltung durch die Industriestaaten ist unabdingbar.
Es gibt weitere schwerwiegende Umweltprobleme
Neben der Klimakatastrophe ist die Nutztierhaltung ein wesentlicher Treiber für weitere, schwerwiegende Umweltprobleme und hat heftige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Wirtschaft:
- Artensterben [25]
- Zerstörung tropischer Regenwälder [20]
- Trockenlegung von Mooren
- Verseuchung das Grundwassers [19]
- Feinstaub [21]
- Eutrophierung
- Zoonosen [22]
- Antibiotika-Resistenzen [24]
- Nahrungsmittelknappheit
Es gibt Hoffnung
Die wichtigste Botschaft lautet: Wir dürfen nicht aufgeben. Noch ist es nicht zu spät, wir können die Krise vielleicht noch stoppen, und selbst wenn nicht, können wir unseren Kindern etwas mehr Zeit verschaffen, die dringend nötig sein wird, um Städte, Gebäude, die Wirtschaft und die Nahrungsmittelversorgung im Hinblick auf die dramatischen Veränderungen anzupassen.
Das können Sie jetzt tun:
- Ernähren Sie sich pflanzlich, dies ist nicht nur die wirksamste individuelle Klimaschutz-Maßnahme, sondern sowieso notwendig, um die Erderhitzung unter 1,5 °C halten zu können.
- Nehmen Sie Politik und Wirtschaft in die Pflicht, die Klimakrise kann nicht allein durch individuelle Verhaltensänderungen verhindert werden.
- Vermeiden Sie fossile Emissionen, zum Beispiel im Verkehr und nutzen Sie Strom aus erneuerbaren Quellen.
- Schaffen Sie Bewusstsein: Alleine erreichen wir zu wenig, kommen Sie mit Angehörigen, Freunden und Kollegen ins Gespräch.
Disclaimer: We’re NOT experts.
Wir rechnen damit, dass einige Menschen die Aussagen dieses Texts unvorstellbar finden werden und Zweifel an der Richtigkeit der Informationen bekommen. Wir sind uns dessen bewusst und haben deshalb sorgfältig alles mit Verweisen auf wissenschaftliche Studien belegt. Aber wir sind keine Klimawissenschaftler:innen, und sollte es inhaltliche Fehler geben, dann freuen wir uns über Feedback!
Wir rechnen mit Zweifeln, weil die Berichterstattung die Problematik der Nutztierhaltung nicht in der angemessenen Breite erklärt. Die Klimaberichterstattung fokussiert sich vor allem auf fossile Emissionen [15] und beleuchtet den wissenschaftlich gut belegten Zusammenhang zwischen Nutztierhaltung und Erderhitzung nur unzureichend. [16] Weitere Informationen über die Ausklammerung der Nutztierhaltung in der aktuellen Klimaberichterstattung..